High Performance Management (HPM) hat in jüngster Zeit viel Aufmerksamkeit erreicht als ganzheitlicher Ansatz, Mitarbeiter zum Erfolg zu führen. Unter HPM versteht man die Gesamtheit sämtlicher Maßnahmen und Prozesse, die das Unternehmen in die Hand nimmt, um die Leistung seiner Mitarbeiter zu verbessern und um die Erreichung der lang- und kurzfristigen Unternehmensziele sicher zu stellen.

Unter Performance Management im Vertrieb verstand man lange Jahre im Wesentlichen die Verbindung von Zielvereinbarungssystemen mit Mitarbeiter-Beurteilungsverfahren und variabler Vertriebsvergütung. HPM dagegen ist ganzheitlich angelegt.

Im Zentrum steht nach wie vor die Vereinbarung von Zielen mit dem Mitarbeiter, die aus den Unternehmenszielen abgeleitet werden. Dabei muss beachtet werden, dass die Ziele des Mitarbeiters nicht identisch sind mit den Unternehmenszielen, sondern die Unternehmensziele werden auf den einzelnen Mitarbeiter heruntergebrochen. Das Ziel des Mitarbeiters lautet also nicht „5 Millionen € Unternehmensgewinn“ sondern z.B. „500.000,- € Deckungsbeitrag aus dem eigenen Vertriebsgebiet“.

 

Vertriebsvergütung als Verstärker des HPM

Ein weiterer Baustein des HPM ist die Verbindung dieser Mitarbeitereigenen Ziele mit Incentivierung, d.h. einer entsprechenden Vertriebsvergütung. Wurden vormals Provisionen vergütet (z.B. x% auf den Umsatz), werden diese in der modernen Vertriebsvergütung aktuell abgelöst durch Zielprämien. Mit dieser Art der Vertriebsvergütung wird eine enge Vernetzung hergestellt zwischen den Zielen des Unternehmens, den Zielen des Mitarbeiters und seiner Performance (gemessen im Grad der Zielerreichung). Moderne Vertriebsvergütung wird damit differenziert, sie hilft dazu, Mitarbeiter-Ziele bedeutsam zu machen und die Ziele für den Mitarbeiter verbindlich werden zu lassen.

Ziele können dabei klassische Erfolgsfaktoren des Vertriebs sein, wie z.B. Umsatz, Deckungsbeitrag, Forcierung strategisch wichtiger Kunden und Produkte. Damit sind klassische Ergebnisse/Resultate des Mitarbeiter-Einsatzes angesprochen. Immer häufiger werden heute auch Ziele für Aktivitäten gesetzt, die der Mitarbeiter im Vorfeld der Ergebnisse erbringen soll und die den Charakter von Erfolgstreibern haben. Damit will Vertriebsvergütung frühzeitig ansetzen und bereits die Weichen für spätere Erfolge stellen.

Jedes Mitarbeiter-Ziel wird im Rahmen der Vertriebsvergütung mit einem Geldbetrag belegt, die variable Vergütung des Vertriebsmitarbeiters ergibt sich aus der Summe seiner Einzelziel-Erfüllungen.

 

Zielorientierte Vertriebsvergütung erfolgt unterjährig

Wenn variable Vertriebsvergütung ihre Wirkung entfalten soll, macht es Sinn, diese nicht am Ende des Jahres zu vergüten (also wenn die Ziele abgerechnet werden können), sondern bereits während des Jahres. Zu diesem Zweck werden die Mitarbeiter-Ziele im Rahmen der Vertriebsvergütung auf Monats- oder Quartalsziele aufgeteilt (unter Berücksichtigung der saisonbedingten Schwankungen) und jeweils am Ende der Etappe abgerechnet. So erhält er Mitarbeiter über seine Vertriebsvergütung ein schnelles Feedback auf seine aufgelaufenen Ergebnisse. Im Fokus einer gut gemachten Vertriebsvergütung steht immer die Frage, wie der Mitarbeiter seine Jahresziele noch erreichen (bzw. möglichst übertreffen) kann.

Ein solches Übertreffen der Ziele löst in der modernen Vertriebsvergütung hohe Incentives aus, viel höher als bei der klassischen provisionsorientierten Vertriebsvergütung. So werden zwischen Unternehmen und Mitarbeitern win-win-Situationen geschaffen, von denen beide Seiten in hohem Maß profitieren. Mit diesen Incentives der modernen Vertriebsvergütung kann der Mitarbeiter bei einer entsprechenden Performance sein Gesamteinkommen in einem Jahr durchaus um 30% erhöhen, ohne dass dieses Einkommen über die Jahre hinweg „verrentet“ würde. Jedes Jahr werden im Rahmen des HPM neue Ziele festgelegt bzw. vereinbart, die natürlich in die Vertriebsvergütung eingebaut werden. So fördert eine neuzeitliche Vertriebsvergütung Wachstum und Rendite des Unternehmens mit Blick auf die Zukunft.

Moderne Vertriebsvergütung ist dabei nicht auf die Außendienstmitarbeiter beschränkt. Innendienstmitarbeiter, Produktmanagement, Service, Marketing etc. werden in die Vertriebs-vergütung eingebunden, und zwar jeweils mit eigenen Zielen, die sich über die Funktionsbereiche hinweg wechselseitig stützen.

HPM endet aber nicht mit Zielvereinbarungen und zielorientierter Vertriebsvergütung. Ein wesentlicher Baustein ist die Mitarbeiterbeurteilung incl. entsprechender Feedbacks. Solche Beurteilungssysteme wollen das Bewusstsein für die Mitarbeiter-Kompetenz schärfen und diese Kompetenzen des Mitarbeiters weiterentwickeln.

Vertriebsvergütung wird ganzheitlich

Die modernen Systeme der Vertriebsvergütung erachten diesen Aspekt als so bedeutsam, dass sie die Kompetenzbeurteilung und –entwicklung in die Vertriebsvergütung des Mitarbeiters einbauen. Dabei gilt folgende Überlegung: Würde man ausschließlich zählbare/messbare Leistungskriterien im Rahmen der Vertriebsvergütung vergüten (wie z.B. Deckungsbeitrag), würde sich die Vertriebsvergütung ausschließlich auf solche Aspekte beschränken, die bis zum Jahresende abgeschlossen sind (z.B. Deckungsbeitrag in Höhe von 500.000,-€). Eine ganzheitlich angelegte Vertriebsvergütung baut aber ganz bewusst „weiche“ Aspekte ein (z.B. Pflege des CRM-Systems“ oder „Einhaltung von Zusagen gegenüber Kunden“), um dem langfristigen Erfolg des Mitarbeiters zu entsprechen.

Dabei ist es wichtig, nur solche Kompetenzkriterien in die Vertriebsvergütung einzubauen, die konkret, d.h. nicht mehr interpretationsbedürftig sind (um den „Nasenfaktor“ zu vermeiden). Also „Pflege des CRM-Systems“ und „Informationsweitergabe“ ist besser als der schwammige Begriff „Teamfähigkeit“.

HPM heißt natürlich auch Personalentwicklung. Aus der Beurteilung des Mitarbeiters und den Feedback-Gesprächen ergeben sich z.B Entwicklungsziele, die ebenfalls wieder zu Mitarbeiterzielen werden und die Vertriebsvergütung eingebaut werden können. Moderne Vertriebsvergütung konzentriert sich gerade auf die Vergütung solcher Aspekte, die von allen Beteiligten als wichtig eingeordnet werden. Dabei ist es für die Vertriebsvergütung zweitrangig, ob es sich um „harte“, d.h. zählbare/messbare Ziele handelt oder um „weiche“.

 

„Harte“ und „weiche“ Leistungskriterien in der Vertriebsvergütung

Den Kern einer gut gemachten Vertriebsvergütung machen natürlich die „harten“ Kriterien aus. Ein wichtiges Prinzip der modernen Vertriebsvergütung lautet aber, den Fokus der Vergütung auf das zu legen, was wichtig ist. Und das dürfen durchaus auch „weiche“ Ziele sein.

Man erkennt, dass sich moderne Vertriebsvergütung emanzipiert hat: Von der ursprünglichen Umsatzprovision hat sie sich längst entfernt und versteht sich heute als der verlängerte Arm der Führung und Steuerung. In die Vertriebsvergütung werden alle Elemente der Zielvereinbarung, der Beurteilung und der Mitarbeiter-Entwicklung eingebunden, die den Vertriebsmitarbeiter für den Erfolg rüsten sollen. Vertriebsvergütung wird so zur konsequenten Unterstützung des HPM.

Dr. Heinz-Peter Kieser