Variable Vergütung von Mitarbeitern – Modell mit vielen Chancen

Es gibt nicht viele Möglichkeiten, die Unternehmensrendite nachhaltig zu steigern. Die Wahl des richtigen Vergütungsmodells ist definitiv eine.

Anlässlich des Gehaltsreports 2013 gab Vergütungsexperte Dr. Heinz-Peter Kieser von der Managementberatung Dr. Finkenrath Dr. Kieser + Partner der Fachzeitschrift ELEKTRONIKPRAXIS am 18. Februar 2013 folgendes Interview:

Frage: Welche variablen Vergütungssysteme liegen bei den Arbeitgebern derzeit im Trend?

Dr. Kieser: Es lassen sich mehrere Trends unterscheiden: Ein Trend besteht darin, ganzheitliche Vergütungssysteme zu installieren, bei denen Mitarbeiter möglichst vieler unterschiedlicher Unternehmensbereiche in die variable Vergütung einbezogen werden. Damit soll eine gegenseitige Unterstützung stattfinden. Ein weiterer Trend besteht darin, die variable Vergütung als Führungs- und Steuerungsinstrument zu verwenden. Die Mitarbeiter werden in Ziele eingebunden, die aus den Unternehmenszielen abgeleitet sind. Zu diesen Zielen gehören sowohl kurzfristige Ziele (z.B. Umsatz, Kosten, Produktivität etc.) als auch strategische Ziele.

Frage: Arbeitnehmer assoziieren mit variabler Vergütung oftmals eine gewisse Unsicherheit. Ist diese Skepsis berechtigt?

Dr. Kieser: Kluge Vergütungsumstellungen werden immer unter Wahrung der vorhandenen Besitzstände durchgeführt, d.h. die Mitarbeiter verlieren alleine durch die Tatsache der Umstellung auf ein neues Vergütungssystem kein Einkommen. Darüber hinaus werden sie oft auf Jahre hinaus abgesichert. Die Folge ist, dass sie ab sofort (d.h. mit Einführung der neuen variablen Vergütung) bereits mehr verdienen können aber nicht weniger als sie nach dem alten Vergütungssystem verdient hätten. Neue Vergütungssysteme dürfen die Mitarbeiter nicht bedrohen. Gut gemachte Systeme sind so ausgelegt, dass dauerhaft die Chancen auf Mehreinkommen größer sind als die Risiken für Mindereinkommen.

Frage: Mit welchen Entwicklungen in Bezug auf die variablen Gehaltsanteile rechnen sie für die nächsten Jahre?

Dr. Kieser: Im Vertrieb spüren wir, dass die variablen Einkommensanteile abnehmen. War vor 10 Jahren noch ein durchschnittlicher variabler Einkommensanteil von 40% üblich, liegt er heute knapp unter 30%. In den übrigen Mitarbeiterbereichen pendelt der variable Einkommensanteil zwischen 8% und 10% vom Gesamteinkommen des Mitarbeiters. Die variablen Einkommensanteile werden also tendenziell eher kleiner, die angewandten Vergütungsinstrumente arbeiten aber mit “spannenderen” Kursverläufen.

Frage: Welche Vorteile und Nachteile hat die variable Vergütung für die Arbeitgeber, welche für die Mitarbeiter?

Dr. Kieser: Unternehmen wollen durch variable Vergütung heute die Mitarbeiter stärker in die Erreichung der eigentlichen Unternehmensziele einbinden. Untersuchungen ergeben immer wieder, dass dies auch gelingt, wenn Mitarbeiter zielorientiert geführt und vergütet werden. Der Nachteil für die Unternehmen besteht darin, dass ein gewisser, allerdings nicht allzu hoher Aufwand betrieben werden muss, um die variable Vergütung abzurechnen. Für die Mitarbeiter sind in gut gemachten Vergütungsmodellen die Chancen groß, bei Mehrleistung spürbar mehr zu verdienen. Natürlich gibt es auch ein gewisses Risiko: Ein kluges variables Vergütungssystem besteht nicht nur aus Boni, sondern bei niedriger Leistung können auch Mali anfallen. Diese sind (wie oben bereits betont) aber geringer als die Chancen auf Mehreinkommen.

Frage: Machen sich variable Vergütungssysteme für Unternehmen und Mitarbeiter bezahlt?

Dr. Kieser: Ja, eindeutig! Untersuchungen ergeben immer wieder, dass die Einbindung der Mitarbeiter in Ziele und die variable Vergütung dieser Ziele den Unternehmen hilft, besser voranzukommen und ihre Ziele nachhaltig zu erreichen. Da bessere Ergebnisse sich auch immer für die Mitarbeiter auszahlen, entstehen typische win-win-Situationen.

Frage: Kann ein Unternehmen ein solches Vergütungsmodell alleine ausbauen oder braucht es dazu externe Hilfe?

Dr. Kieser: Ein Vergütungssystem sollte nicht zur “Dauerbaustelle” werden, in dem alljährlich daran „herumgebastelt“ wird. Ein gutes Vergütungsmodell soll 15 bis 20 Jahre halten. Deshalb sollte man es einmal richtig machen und externen Rat einholen.

Heinz-Peter Kieser

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